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Tabuthema Harninkontinenz

Harninkontinenz (unwillkürlicher Harnverlust) kann im Laufe des Lebens jeden treffen.
Zumindest jede 4. Frau und jeder 10. Mann leidet unter einschränkendem,  unfreiwilligen Harnabgang (ungefähr 800.000 in Österreich). Oft führt diese belastende Situation zu sozialem Rückzug und reaktiver Depression.

Frauen sind häufig schon in jüngeren Lebensjahren durch Schwangerschaften, Geburten oder operative Eingriffe im kleinen Becken (Gebärmutterentfernung, Enddarmentfernung) betroffen.  Männer meist erst in späteren Lebensjahren durch Operationen an der Prostata oder  nach Operationen am Enddarm. Grundsätzlich unterscheidet man mehrere Formen der Inkontinenz: Die Dranginkontinenz, die Belastungsinkontinenz, die Überlaufinkontinenz, deren  Mischformen und Inkontinenz, die durch neurogene Erkrankungen wie zB Morbus Crohn oder Multiple Sklerose ausgelöst wird.

Dranginkontinenz – ein Zwang an dem kein Weg vorbei führt 

Die Dranginkontinenz ist gekennzeichnet durch einen plötzlichen, nicht unterdrückbaren Harndrang, der zu nicht verhinderbarem Harnverlust führt. Hier liegt eine Überaktivität des Blasenmuskels vor, d. h. die Erkrankung betrifft ausschließlich die Blase. Schließmuskel und Beckenboden sind völlig intakt.

Als Ursachen kommen in Frage:

  • Harnwegsinfekte
  • Blasensteine, Tumore
  • anatomische Einengung unterhalb der Blase (Prostatavergrößerung, Blasenhalsenge, Ausgangsenge der Harnröhre)
  • psychische Faktoren
  • keine nachweisbare Ursache

Belastungsinkontinenz – brisante Situationen

Bei der Belastungsinkontinenz kommt es durch eine Erhöhung des Drucks im Bauchraum zu Harnverlust. Diese Druckerhöhung kann durch husten, niesen, lachen aber auch durch körperliche Aktivitäten wie zB. laufen oder reiten ausgelöst werden.

Zu erwähnen ist, dass eine Belastungsinkontinenz bei Männern fast ausschließlich nach Operationen im kleinen Becken auftritt (Prostataentfernung, aber auch Enddarmentfernung bei bösartigen Erkrankungen).

Bei Frauen kommt es des Öfteren nach Geburten oder auch durch Östrogenmangel im Laufe der Wechseljahre zu einer Schwäche des Schließmuskels und des Beckenbodens, die eine Belastungsinkontinenz zur Folge haben können.

Überlaufinkontinenz – das  Fass ist voll

Bei der Überlaufinkontinenz handelt es sich eigentlich um eine zu volle Blase, aus der das „Zuviel“ an Blasenfüllung unkontrolliert ausläuft. Dem Voraus geht eine Entleerungsproblematik und eine langsame Verschlechterung des Harnstrahls. (zum Beispiel durch eine vergrößerte Prostata)

Oft kann man schon mit einfachen Mitteln zu einer Diagnose gelangen: zu Beginn wird ihr  Arzt eine genaue Anamnese in einem ausführlichen Gespräch  aufnehmen, eine körperliche Untersuchung und eine Harnuntersuchung durchführen, eine Ultraschalluntersuchung der Niere und des Unterbauches machen und ein von Ihnen erstelltes Blasentagebuch zur Information heranziehen. Kommt man mit diesen einfachen diagnostischen Mitteln zu keinem Ergebnis, dann erfolgen weiterführende Untersuchungen:

  • Blasenspiegelung
  • Harnflussmessung mit Ableitung der Beckenbodenaktivität
  • Blasenfunktionsmessung: mit dieser kann exakt unterschieden werden, ob die ursächliche Störung die Blasenfunktion oder den Schließmuskel betrifft oder ob eine
  • neurogene Harninkontinenz oder eine Mischinkontinenz vorliegt
  • diverse radiologische Untersuchungen

So unterschiedlich wie die Untersuchungsmethoden der Inkontinenz, so vielfältig sind auch die

Therapiemöglichkeiten:

Bei der Dranginkontinenz kommen überwiegend Medikamente zum Einsatz. Zusätzlich kann auch eine Stromtherapie oder elektromagnetische Behandlung zum Einsatz kommen. Führen all diese Therapien nicht zum gewünschten Erfolg, kann in einem kleinen operativen Eingriff das Einspritzen von Botox in den Blasenmuskel Ihre Beschwerden deutlich lindern.  

Dagegen erfolgt die Behandlung  der Belastungsinkontinenz zunächst ohne chirurgische Intervention. Der Patient/die Patientin hat die Möglichkeit durch ein professionell angeleitetes physiotherapeutisches Training den Beckenboden effizient zu kräftigen. Das Beckenbodentraining muss über einen längeren Zeitraum konsequent ausgeführt werden. Bei Frauen im Klimakterium kann eine Hormonsalbe die Schleimhaut der Harnröhre aufbauen und zu einer Besserung führen.

Bei der Überlaufinkontinenz sind operative Maßnahmen zur Behebung des Abflusshindernisses (zum Beispiel: Ein Eingriff an der Prostata) erforderlich.

Bei einem Großteil der PatientInnen lässt sich mit nicht invasiven Methoden ein gutes Kontinenzergebnis erreichen. Nur wenn sich keine zufriedenstellende Besserung erzielen lässt, ist ein minimal invasiver operativer Eingriff zu erwägen. Aufgrund der geschlechtsspezifischen Anatomie sind die Operationstechniken für Frauen und Männer unterschiedlich.

Niemand muss mit Inkontinenz leben

Jede Form der Harninkontinenz sollte durch einen Facharzt für Urologie abgeklärt werden. Idealer Weise besteht eine Anbindung an eine urologische Abteilung mit Inkontinenzambulanz. In dieser erfolgt die weiterführende Diagnostik, wie Blasenfunktionsmessung, Röntgenuntersuchungen und vieles mehr.

So ist die Erstellung eines individuell angepassten Therapiekonzepts oder auch eines Stufenschemas gewährleistet, und die Harninkontinenz mit Erfolg behandelbar. Im Falle einer erforderlichen gering invasiven operativen Maßnahme  würde diese an der urologischen Abteilung des behandelnden Hauses durch den betreuenden Urologen durchgeführt werden.

Wissenswertes